Frank P. Meyer
Normal passiert da nichts
»Wie immer, vier Flaschen«, sagte Gabriel und lud die Ware in einen Pappkarton. Abgezähltes Geld wechselte von Andis in Mikes Hand, und im Weggehen fragte der stolze Whiskeybesitzer, mit einer Kopfbewegung in meine Richtung: »Der Holländer?«
»Belgier«, verbesserte ihn Gabriel.
»Von mir aus. Hauptsache, er verträgt was.«
Wir schreiben das Jahr 1999. Statt das elterliche Restaurant in Antwerpen zu übernehmen, zieht es Rafael vor, als Pizzaentwickler bei Tiefkühl-Wagner im Saarland anzuheuern. Er mietet ein Zimmer in der WG von Mike und Gabriel in Primstal, die ihn schnell in ihren Freundeskreis integrieren – wie es den offenherzigen Menschen dieser Region gerne nachgesagt wird.
Aus Mike wird man nicht schlau. Bei den Frauen hat er den Dreh raus. Ansonsten handelt er nur, wenn unbedingt nötig. Gabriel, Geschichtsstudent ohne Abschluss, ist besessen von dem Gedanken, die Geschichte des Bergwerksunglücks von Luisenthal anno 1962, bei dem sein Vater ums Leben kam, neu zu schreiben. Die junge Dorf-Apothekerin Johanna hat ein Auge auf ihn geworfen und legt ihr Netz nach ihm aus.
Rafael fühlt sich wohl in seiner WG und die beiden Mittdreißiger, die sich vor dem Erwachsenwerden drücken, können die zusätzlichen Mieteinnahmen gut gebrauchen. Das selbstgenügsame Boheme-Leben der beiden typischen Vertreter der Generation Golf zirkuliert zwischen Parties, Grill- und Trinkgelagen. Einen Höhepunkt setzen Mike und Gabriel mit ihrer Teilnahme am schwer alkoholischen Studentenulk »Mariathlon« in Trier. Die beiden vaterlosen Cousins finanzieren sich dank der Unterstützung ihrer Mütter, die auch einmal im Jahr in einer herkulischen Tat den Augiasstall der zwei ausmisten und auf Vordermann bringen.
Eine weitere Einkommensquelle waren bislang Schmuggelfahrten ins benachbarte Luxemburg, für Zigaretten, Spirituosen, Kaffee und Benzin. Doch das Ultimatum des Dorfpolizisten und die bevorstehende Einführung des Euro machen die Suche nach weiteren Erwerbsquellen nötig. Bei einem Raubüberfall auf die Trierer Uni-Mensa kann eigentlich nichts passieren. Doch damit fangen die Probleme erst richtig an …
www.conte-verlag.de
Ich habe mir dieses Buch gekauft, weil ich die Schreibe von Frank Meyer (der derzeit Trierer Stadtschreiber ist) unheimlich mag. Er hat mich auch hier nicht enttäuscht - im Gegenteil!
Auf den ersten 100 Seiten habe ich ständig laut lachen müssen, weil er Menschen, Orte, die Sprache und Sitten der Region so klasse beschreibt, sich aber nie lustig macht. Dann wird die Tonalität ernster und man erfährt toll recherchiert und einfühlsam einiges über die Geschichte des Saarlands. Der Mensa-Überfall folgt und anschließend wird alles anders als man erwartet! Es gibt für jeden der vier Protagonisten einige Kapitel, die aus der jeweiligen Sicht geschrieben sind.
Von der ersten bis zur letzten Seite: Respekt, Frank Meyer!
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